bestattung.guru
© Lorem ipsum dolor sit Nulla in mollit pariatur in, est ut dolor eu eiusmod lorem 2013
Horstfriedhof in
Burweg
Im Landkreis Stade liegt, etwas erhöht in den Oste-
Marschen, der kleine Kirchhof von Horst.
Er umfasst einen kulturhistorisch bedeutsamen Bestand von
rund 40 Grabmälern aus der Zeit seit dem frühen 18.
Jahrhundert. Sie befinden sich zumeist noch in originaler
Situierung und stehen unter Denkmalschutz.
Zwar gibt es eine vergleichbar reichhaltige frühneuzeitliche
Grabmalkultur auch für die nordfriesischen Seefahrer und
Walfänger (Friedhof Nebel auf Amrum) oder für die
Vierländer Marschen in Hamburg-Kirchwerder. Im Gegensatz
zu Horst sind die Grabmäler auf diesen Anlagen jedoch
versetzt und dann neu aufgestellt worden, also nicht mehr
in situ erhalten. So repräsentiert der Horster Friedhof ein
ungewöhnliches Dokument frühneuzeitlicher
Friedhofskultur.
Horst
Blick über den Friedhof Horst in die umgebende Landschaft.
Foto: S. Zander
Da sich aber die Anlage vor einigen Jahren als wenig
gepflegt zeigte und auf Grund des Bewuchses auch nur
schlecht zugänglich war, sollten die historischen Grabsteine
umgestellt und in einem musealen Bereich zusammengefasst
werden. Dies aber hätte den Reiz der Begräbnisanlage, der
ja gerade im Zeugnis des historischen Zustands besteht,
beträchtlich gemindert. Glücklicherweise hat man
inzwischen einen anderen Weg gewählt. Die historischen
Grabsteine sind in ihrer ursprünglichen Lage erhalten
geblieben und werden nunmehr durch einen Weg
erschlossen. Damit ist ein fast unbekanntes Kleinod der
ländlichen Sepulkralgeschichte in Norddeutschland erhalten
geblieben.
Neben den hoch aufragenden Stelen aus dem 18.
Jahrhundert sind es viele aus dem 19. Jahrhundert
stammende Sockel mit schlichten Kreuzen, die den Eindruck
des Begräbnisplatzes bestimmen. In der Ferne, durch die
Bäume hindurch, schweift der Blick auf die umgebende
flache Landschaft der Oste-Marschen, aus der sich der
Friedhof auf einer Geestkuppe zusammen mit der
Feldsteinkirche aus dem 13. Jahrhundert erhebt.
Ursprünglich stand hier vermutlich eine kleine Kapelle für
die Osteschiffer, die dem Hl. Petrus, dem Patron der
Schiffer und Fischer, ebenso geweiht war wie die heutige
Pfarrkirche.
Im Jahre 1718 beschrieb Georg von Roth das Kirchspiel Horst
in einer "Geographischen Beschreibung der beyden
Herzogthümer Bremen und Verden nebst einem Anhange
vom Lande Hadeln (...)" Zu dem Kirchspiel gehörte das
eigentliche Kirchdorf Horst, das er als ein "geringes Dorff,
bestehet aus dem Küsterhause, 1 Hoff und 2 Kathen"
beschrieb, sowie die Ortschaften Burweg (oder Borwege)
mit 72 Häusern und dem Pfarrhaus, Blumenthal mit 50
Häusern, Breitewisch (oder die Bredewisch) mit 44 und das
Dorf "Engelschop" mit insgesamt 78 Wohnhäusern. Außerdem
gehörte ein Königliches Vorwerk "gleich über dem
Mühlenbeck" zum Kirchspiel, das im Osten an das Kehdinger
Moor, im Westen an die Oste, im Norden an das Kirchspiel
Großenwörden und im Süden an das Gebiet des Klosters
Himmelpforten grenzte. Blumenthal bildete ein eigenes
adeliges Gericht, in dem die Ober- und
Niedergerichtsbarkeit den Freiherren von Marschalk
gehörte.
Jarcken
Grabstein für Mette Elisabeth Jarcken. Foto: S. Zander
Zwanzig Jahre nach dieser Beschreibung wurde der Horster
Kirchhof im Oktober 1738 von dem Landmesser Peter Nagel
aus Drochtersen neu vermessen. Den zum Kirchspiel
gehörigen Ortschaften wurde in Folge dieser Vermessung
jeweils eine bestimmte Anzahl von Begräbnisplätzen
zugewiesen. Erhalten haben sich lange Listen, in denen von
jeder Dorfschaft die jeweils "eigenthümlichen Begräbnisse"
aufgeführt wurden: für "Engelschoff" waren dies 179, für
"Borweg" 135, für "Breite Wisch" 96 und für "Blomdorff" 117
Plätze. Etliche namentlich aufgeführte Eigner besaßen bis
zu vier dieser Begräbnisstellen: so in Breitenwisch zum
Beispiel Tönnies von Heldt.
Die ältesten Grabsteine des Horster Friedhofes stammen aus
den beiden Jahrzehnten vor dieser Neuvermessung. Sie
stehen noch ganz in barocker Tradition und sind mit ihrem
Bild- und Textprogramm fest in der christlichen,
lutherischen Glaubenstradition verwurzelt. Der Grabstein
des um 1723 gestorbenen Christian Kopmann, fast 2 m hoch
und 90 cm breit, ist ein schönes Beispiel dafür. Der obere
Abschluss der Stele ist geschwungen und im Giebelfeld
erscheint die betende Familie unter einem Kruzifix. Die
Ehefrau Mette Kopmann kniet vor ihren zwei Töchtern, der
Verstorbene vor seinen drei Söhnen. Kleine Kreuze zeigen
an, dass sowohl ein Sohn wie eine Tochter bereits vor ihrem
Vater verstarben. Unter diesem Giebelrelief befindet sich,
eingerahmt von Blattwerk- und Blumengehängen, die Tafel
mit den Personenangaben des Verstorbenen. Auf der
Rückseite ziert ein auferstandener Christus mit Siegesfahne
und Palmwedel in einem Medaillon den oberen Giebel.
Darunter stehen die Leichtexte sowohl des Mannes wie der
Frau. Es sind 1. Joh. 3, V. 2 und für sie 2. Timoth. 4, V. 18.
Kreuz
Kreuze über den Köpfen verweisen auf verstorbene
Familienmitglieder. Foto: S. Zander
Die unter einem Kreuz betende Familie bzw. das betende
Ehepaar begegnet uns auf dem Horster Friedhof mehrfach:
Christus Kreuzestod ist demnach die Eingangspforte für das
ewige Leben. Auf dem Grab des Christian Kopmann
unterstreicht der triumphierend auferstandene Christus
diese Hoffnung. Auf einem Gedenkstein von 1767, das im
oberen Giebelfeld ein Spiegelmonogramm P J für Peter
Jarck enthält, ist diese Jenseitshoffnung, die sich auf den
auferstandene Christus beruft, mit den Johannes-Worten:
"Ich bin die Auferstehung und das Leben" noch einmal
ausgedrückt.
Dieser Gedenkstein leitet über zu einer Gruppe von drei
Grabsteinen, die von Peter Jark dem Friedhof gestiftet
wurden. Sie stehen nebeneinander am Aufgang. Auf seinen
eigenen Grabstein hat er den Zweck seiner Stiftung
einmeißeln lassen: sie geschah demnach "Gott zu Ehren" und
dem "Kirchhof zum Zirat." Dies ist ihm gelungen, denn die
kleine Grabsteingruppe ist von einem besonderen, naiven
Reiz. Das Bildprogramm auf diesen im Vergleich zu den
älteren Grabsteinen eher kleinen Stelen – sie sind nur gut 1
m hoch und ungefähr 50 cm breit – ist ebenfalls getragen
vom christlichen Auferstehungsglauben. Symbole wie
Weinranken und Pinienzapfen, aber auch die beiden
Delphine auf der Stele des Peter Jark sprechen dafür. Der
Delphin verweist möglicherweise auf die Jonas-Geschichte,
die als Vor-Bild des Todes (Jonas im Walfischbauch) und der
Wiederauferstehung gedeutet wurde und im 18.
Jahrhundert sehr beliebt war.
Doch schlagen diese Grabsteine auch einen anderen Ton an:
Der Grabstein von Mette Elisabeth Jarken, die nach 1767
starb, und der des Stifters Peter Jark erinnern und
gemahnen an die Vergänglichkeit allen menschlichen
Lebens. Mette Jarkens Grabstein enthält ihre Lebensdaten
und ihr Monogramm, auf der Rückseite jedoch erscheint
statt des Christus eine Sanduhr unter Pinienzapfen. Das
Memento Mori über das unerbittliche Verrinnen der
Lebenszeit spricht den Betrachter direkt an, denn die
Sanduhr wird beidseitig von den Schriftzügen: "Heute mier"
und "Morgen der" gerahmt. Auch der Grabstein von Peter
Jark richtet sich ausdrücklich an den Friedhofsbesucher:
"Lieber Mensch ste still und tu dis lesen was du bist das bin
ich gewesen." Hier erscheint das Stundenglas in der Hand
eines Sensenmannes unter einem Gottvater im Wolken-
Relief.
Neben diesen Grabsteinen des 18. Jahrhunderts wird der
Horster Friedhof auch ganz wesentlich durch die Grabsteine
des 19. Jahrhunderts geprägt. Sie folgen zum Teil ihren
Vorgängern, wenn sie – wie der Grabstein des 1838
gestorbenen Peter Breuer – Personenangaben auf der
Vorder- und Bibelverse auf der Rückseite tragen. Doch fehlt
hier das figürliche Bildprogramm. Dafür finden sich
mehrfach die typischen Symbole des 19. Jahrhunderts:
Kreuz, Anker und Herz als Glaubenssymbole oder ein
Händepaar. Die Inschriften sind meistens verwittert und
schwer lesbar.
Weiterhin findet sich auf dem Horster Friedhof eine Gruppe
von schmiedeeisernen Kreuzen, wie das für Johann Heinrich
Schlichting aus Breitenwisch, der am 8. März 1863 starb.
Diese Kreuze haben unterschiedlich gestaltete Kreuzenden.
Einer Grabsteinmode der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
folgend haben sich auf dem Friedhof auch einige Beispiele
für kleine "Grottengrabmäler" aus "rustikal" gearbeiteten
Sockeln mit bossierten Oberflächen und einem darauf
aufgerichteten Kreuz erhalten – das bisweilen fehlt.
Der Horster Friedhof wird heute nicht mehr belegt. 1885
wurde der neue Friedhof am Ortseingang angelegt. So ist es
nicht verwunderlich, dass die jüngsten Grabsteine des
Horster Friedhofs – so weit die Inschriften lesbar sind – aus
den 1880er Jahren stammen. Ganz schlicht erscheint der
Sockel des Grabmales für die am 30.3.1881 gestorbene Anna
Schlichting aus Breitenwisch, der ihre Personendaten
eingemeißelt trägt und auf dem ein einfaches Kreuz ihre
Grabstelle markiert.
So ist ein Spaziergang über den Horster Friedhof für den
aufmerksamen Betrachter wie ein Spiegelbild, in dem sich
die im Laufe zweier Jahrhunderte gewandelten
Vorstellungen von einem dem Friedhof zur "Zierde"
gereichenden Grabstein erkennen lassen. Gleichzeitig
zeugen die aufwendigen Grabsteine von dem bäuerlichen
Wohlstand der Oste-Marschen und von den
Jenseitshoffnungen ihrer Bewohner.
Die Adresse von St. Severini:
Kirche St. Severini
Kirchenheerweg 12, 21037 Hamburg
Eine kleine Slide-Show zum jüdischen Friedhof
in Hamburg Altona:
.